Google Assistant: Radio mit Filter-Blase vielleicht bald auch in Deutschland

Gary Madeo
Gary Madeo - Gründer und Autor
3 Min

Derzeit sucht Google nach Möglichkeiten, Nachrichtenfeeds stärker zu personalisieren. Diese sollen in Zukunft vom Google Assistant vorgelesen werden.

Laut einem einschlägigen Bericht von 9to5google sucht man bei Google nach einer Lösung, wie man die in vielen Haushalten vorhandenen smarten Lautsprecher für individuell zugeschnittene Nachrichten-Häppchen nutzen kann.
Dabei hat man anscheinend bereits vor einem Jahr damit begonnen, mit Verlagen auf der ganzen Welt an der Zukunft von Audio-News zu arbeiten. Hierzu gehören illustre Namen wie Associated Press, CNBC oder die New York Times. Insgesamt 20 Publikationen finden sich auf der Liste – deutsche Publisher sucht man aber noch vergebens:

Google Assistant : bisherige Kooperations-Partner
Bildquelle: 9to5google

Es könnte also dann doch noch eine ganze Weile dauern, bis der Dienst nach Europa/Deutschland kommt. So müssen wir derweil höchstwahrscheinlich noch eine ganze Weile auf das gute alte Radio vertrauen, wenn uns der Sinn nach Audio-Nachrichten steht.

Der Google Assistant liest euch nur das vor, was ihr auch hören wollt

Gleichwohl scheinen dessen Tage gezählt. Was ein gutes Jahrhundert lang prima funktioniert hat, soll bald der Vergangenheit anhören. Wer braucht schon redaktionell zusammengestellt Nachrichten-Inhalte, wenn Algorithmen genau vorhersagen können, was ich nun genau hören möchte?

Man argumentiert damit, dass die Hörer einer traditionellen Nachrichten-Sendung völlig unvorbereitet bestimmten Inhalten ausgesetzt werden und der Kontext fehle um diese aufnehmen und verarbeitet zu können.

Computergestützte Inhalte hingegen überforderten die Hörer nicht. Man bekomme nur das zu hören, was man wirklich wolle und zu einem passe.

As a user, you are dropped into a show at a moment in time — regardless of what you already know, where you are, or what you’re interested in.

Klingt irgendwie logisch und wahnsinnig fürsorglich. Der Feuilleton-affine Hörer bekommt dann mehrmals am Tag vertiefte Beiträge zu hören, während der sportbegeisterte Updates vorgesetzt bekommt, wie viele Sit-Ups Ronaldo im Nachmittags-Training geschafft hat.
Gibt es ja letztlich schon in den textbasierten Nachrichten-Feeds. Bei diesen muss man aber–ganz schrecklich–die Nachrichten noch selber lesen. Ist es da nicht besser, wenn eine sanfte Stimme uns in den Schlaf wiegt und den ganzen Mist ausblendet, von dem wir sowieso nichts hören wollen oder sollen? Sprach-Assistenten wie Siri und Alexa dürften mit ähnlichen Konzepten bald folgen.

Video: so stellt sich Google die Zukunft von Radio-Nachrichten vor


Vielleicht male ich den Teufel ja zur sehr an die Wand, vielleicht werde ich alt, zynisch und verbittert. Keine Frage. Nichts hindert mich daran, den Google Assistant bei dem zu belassen, wofür der Name (angeblich) steht. Ein Tool, ein Hilfsmittel, mehr nicht.

Es ist nur schade mit ansehen zu müssen, wie Nachrichten-Inhalte zur Ware degenerieren, wenn ich mir vorstelle, dass Redaktionen höchstselbst immer mehr darauf hinarbeiten werden, Inhalte nach Gesichtspunkten auszuwählen (kurz, unkompliziert, leicht zu verdauen) die einer (kommerziellen) Verbreitung förderlich sind.

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von Gary Madeo Gründer und Autor
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Vor Jahren nebenher aus Spaß an der Freude gegründet, wird er dieses Projekt so schnell nicht mehr los. Bloggt und kümmert sich um die gesamte Technik hinter einem Tech-Blog. Schreibt zur Ablenkung über Fußball, meist ohne Magenschmerzen zu bekommen.
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