Xiaomi Mi Pad 3 Test – das ideale Tablet für Couch-Potatoes

Gary Madeo
Gary Madeo - Gründer und Autor
11 Min

Dieser Xiaomi Mi Pad 3 Test zeigt: der iPad mini-Klon ist einmal mehr ein grundsolides Tablet fürs gemütliche Surfen, Daddeln und Rumhängen auf dem heimischen Sofa geworden. Gewisse Schwächen sind aber nicht von der Hand zu weisen. Warum und welche, verrate ich euch an dieser Stelle in Form des beliebten Frage-und-Antwort-Spiels.

Wie ist der Stand der Technik und bekomme ich richtig “value for money”?

Das ist bei China-Smartphones und Tablets immer so eine Sache. Diese werden immer über den Preis (im Dauer-Flash-Sale) und einige hervorstechende technische Daten angepriesen und, wie der Erfolg der letzten Zeit bescheinigt, erfolgreich vermarktet. Das ist gewiss auch beim Xiaomi Mi Pad 3 der Fall, der etwa gegenüber dem Apple-Original in einigen Punkten hervorsticht. So seien an dieser Stelle etwa die recht üppigen 4 GB RAM und 64 GB Speicher genannt. Oder der 2,1GHz 64-bit MT8176 Hexa-Core von MediaTek-Prozessor. Letzterer ist aber gleich vorweg nicht nur reine Zahlenspielerei, sondern bringt gegenüber dem Vorgänger auch einige Vorteile – dazu später mehr.

Das Display etwa bringt es auf eine sehr vorzeigbare DPI-Zahl. Dank 2048 x 1536 Pixel-Auflösung und 7,9 Zoll Bildschirmdiagonale kann man bei 326 DPI (oder auf “DEnglisch”: PPI) auch ruhigen Gewissens von einem 2K-Retina-Display sprechen, das die Chinesen in ihrem Tablet verbaut haben.

Dem gegenüber muss man aber auch ganz deutlich die Abstriche erwähnen, die man für den (noch) moderaten Preis in Kauf nehmen muss. Es gibt kein NFC (vermisst aber glaube ich bis auf meinen Bruder eh niemand), GPS, Micro-SD- oder SIM-Kartenslot.

Achtung: die folgende Textpassage enthält zahlreiche Genitalien. Bitte seid vorsichtig!

Gemütlich in der überfüllten U-Bahn die neusten Transfergerüchte kommentieren? Nur mit WLAN-Hotspot vom Smartphone! Ich bin ehrlich, das ginge mir persönlich nach einer Weile ein wenig die Nerven.

Sieht das Ding nur einfach wie ein iPad mini aus oder ist es auch ganz ordentlich verarbeitet?

Das Mi Pad 3 sieht exzellent aus. Richtig schön stylish und keineswegs billig – typisch Xiaomi eben. Die Beschreibung, wo und wie die Knöpfe angeordnet sind, erspare ich mir an dieser Stelle. Ist halt wie bei den primären Geschlechtsmerkmalen. Die sind auch immer an der gleichen Stelle. Wer dafür eine intensive Beschreibung braucht, tut mir ein wenig Leid.

Na gut, weil ihr es seid: das Ding hat Knöpfe. Insgesamt drei. Die fühlen sich ein wenig billig an. Wie bei Implantaten, die schnell für wenig Geld in Tschechien oder Bulgarien eingesetzt wurden. Bißchen schwammiger Druckpunkt. Könnten sich besser anfühlen. Also im Ernst: so fest und satt wie etwa beim iPad sind die nicht. Zu viel billiges Silikon Plastik. Also doch lieber in Cupertino machen lassen.

Fernab des erwähnten Mankos machen Verarbeitung und verwendetes Material einen überdurchschnittlichen Eindruck. Damit kann man zufrieden sein.

Was taugt das Display fernab der ganzen DPI- und Zahlenprahlerei?

Das 7,9 IPS-LCDisplay bietet eine hohe Auflösung und eine “pixelafreie” Ansicht. An sich ist in der Darstellung unter normalen Lichtverhältnissen nichts auszusetzen: gestochen scharf, Kontrast- und Schwarzwerte, die bauartbedingt nicht perfekt, aber doch sehr gut sind. Die Darstellung kann in den Einstellungen den eigenen Vorlieben angepasst werden: Farbtemperatur, ein Lesemodus, der sich auf Wunsch zu einer bestimmten Uhrzeit automatisch einschalten lässt. Da bleiben nur wenig Wünsche offen, was insgesamt betrachtet völlig in Ordnung geht.

Gar nicht in  Ordnung gehen aber zwei Dinge nicht: erstens ist das Display in der Sonne kaum zu gebrauchen, weil es sehr stark spiegelt. Zweitens haben die Entwickler beim Testen im Vorfeld (ich bin ein naiver Optimist) das Mi Pad 3 sicher nur mit Samthandschuhen angefasst, allenfalls hätten sie bemerkt, dass es im Garten, Park oder Freibad zum Lesen, Videos anschauen usw. nicht sonderlich taugt. Aber ich vergaß, Entwickler haben entweder keine Freizeit oder halten sich permanent in geschlossenen Räumen auf, um ihre noble Blässe nicht zu kompromittieren.

Dabei bringt das Display hervorragende Eigenschaften mit sich, besteht aber den Alltagstauglichkeitstest nur zur Hälfte. Dafür sorgt etwa das 4:3 Seitenverhältnis, womit sich das Gerät fast so perfekt in den Händen hält, wie eine Tafel Ritter Sport Rum. Alle Bereiche sind auch im Querformat bequem zu erreichen. Ein weiterer Nachteil: weder quer, noch längs passt es in meinen Mund (im Gegensatz zur Tafel Schokolade!). Und dann sagen  alle ich hätte eine große Klappe!

Der Vorgänger überhitzte schnell, wie sieht es jetzt mit dem neuen Prozessor und der Leistung aus?

Besser, viel besser. Jetzt bin ich nicht so der Player (sagen viele), aber die Überhitzungsprobleme scheinen dem Vorgänger-Alltag anzugehören. Das Gerät wird bei intensiven Games und lange Video-Sessions nicht besonders heiß, bleibt meist spielbar und damit ruckelfrei.

Zur Erinnerung: auf der Habenseite stehen der im Oktober vorgestellte Mediatek Prozessor mit zwei ARM Cortex-A72 sowie vier sparsamen Cortex-A53 Kernen. Zur Seite stehen 4GB LPDDR3. Das ist zum Release-Zeitpunkt gehobene Mittelklasse und für ein Tablet mehr als ausreichend. Die Grafikeinheit taktet mit 700 MHz und unterstützt wie HEVEC/h.265 Codec für Videoinhalte in 4K. Der gleiche Prozessor findet sich etwa auch im Asus ZenPad 3s 10.

MIUI 8 ist wohl nicht komplett integriert – was mache ich also mit dem Ding in Deutschland? Geht der PlayStore mittlerweile?

Abwarten und Tee trinken. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine offizielle Firmware für Europa. Es wird aber durch die einschlägigen Online-Vesandhäuser bereits fleißig nach Deutschland exportiert. Manche Händler statten daher das Mi Pad 3 mit einer modifizierten Firmware aus, damit das China-Tablet auch bei uns eingesetzt werden kann.

Ihr habt den Warnhinweis zu Beginn meines Reviews gelesen? Bereits erfolgreich verdrängt oder ignoriert? Dann könnt’ ihr ja eine custom ROM installieren, bis es eine offizielle Firmware (Global Version) für den hiesigen Markt gibt. Oder ihr nehmt mit Englisch als Systemsprache vorlieb und schaut, dass ihr über Umwege die Google-Dienste ans Laufen bekommt.

Beide Ausweich-Vorschläge bieten eine deutsche Übersetzung, ab Werk Google Playstore sowie die ein andere (optische) Spielerei wie Double Tab to Wake. Die MultiROM.me ist darüber hinaus bereits mit SuperSU ausgestattet, ich tendiere aber aktuell eher zu xiaomi.eu.

So oder so: toll finde ich die jetzige Situation überhaupt nicht. Die Welt wächst schneller zusammen, als manche Hersteller Schritt halten können. Das gilt zum Teil auch für MIUI 8 selbst, das für das Mi Pad 3 noch nicht vollständig umgesetzt wurde. So fehlt etwa die beliebte Theme Engine mit der ihr die Optik sehr dezidiert an die eigenen Wünsche anpassen könnt. Ich bin aber nicht gewillt die Hoffnung zu verlieren, dass das irgendwann nicht doch noch nachgeholt wird.
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Optisch stark verändert, sind viele Funktionen unter der Haube letzten Endes doch sehr Android 7 Stock-lastig. Prominente Änderungen gibt es aber nach wie vor.

Es gibt wie bekannt sein dürfte keinen Appdrawer, daher landen alle neu installierten Apps auf den einzelnen Bildschirmen. Wer Chaos befürchtet: ja, das ist wie iOS und offenbar so gewollt. Ihr könnt aber Ordner anlegen und so euren Ordnungstrieb freien Lauf lassen. Ist ja auch eine Form des produktiven Umgangs.

Wischt ihr ganz nach links, erscheint eine Art Info-Seite mit einigen vorinstallierten Widgets: Kalendar, Notizen sowie eine optisch wenig gelungene Suchleiste. Diese Seite wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn ihr nicht doch zur aussterbenden Art der Widget-Liebhaber gehören würdet. Indem ihr zwei Finger über den Bildschirm zusammenzieht – Pitch to Zoom – öffnet sich ein neues Menü. Alternativ geht natürlich auch langes Drücken auf eine leeren Stelle. Hier könnt ihr den Hintergrund einstellen, Effekte beim Seitenwechsel ändern oder System-Widgtes hinzufügen.

Widgets von Drittherstellern erscheinen nicht, außer ihr führt diese Geste über besagte Info-Seite aus. Ob gewollt oder Fauxpas, diese Methode führt zum Erfolg. Das Sonos- oder Harmony Hub-Widget etwa finde ich sehr praktisch und möchte ich eigentlich nicht missen.

MIUI 8 läuft insgesamt wie eine gut geölte Maschine: absolut sauber und ruckelfrei.

Soll ich mir das Xiaomi Mi Pad 3 wirklich kaufen?

Für das Tablet sprechen viele Kleinigkeiten, die in der Summe ein wirklich tolles Gerät hätten ausmachen können. Die Einschränkungen lauten: noch keine offizielle Version für den deutschen Markt, das stark spiegelnde und schmutzanfällige Display sowie die fehlende bzw. eingeschränkte Mobilität.

Polyglotte Bastelfreunde sollte sich durch die erste Einschränkung nicht aufhalten lassen. Die fehlenden Ausstattungsmerkmale wie GPS, MicroSD/SIM-Kartenslot oder das Display fallen bei einem primären Einsatz zu Hause eher weniger ins Gewicht.

Dinge, mit denen man sich gut arrangieren kann, aber eben leider auch Merkmale, die einmal mehr aufzeigen, warum Android Tablets keine massenmarkttaugliche Konkurrenz zum iPad darstellen. Das wird sich auch mit dem jüngsten Tablet aus dem Hause Xiaomi nicht ändern, obwohl Akku, Kamera und Sound keinen Grund zur Beanstandung liefern und in der Summe ein tolles Tablet für den Gebrauch zuhause auf dem Sofa oder abends im Bett ergeben. Wer mit den genannten Mängeln leben kann, sollte sich das Xiaomi Mi Pad 3 zulegen.

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von Gary Madeo Gründer und Autor
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Vor Jahren nebenher aus Spaß an der Freude gegründet, wird er dieses Projekt so schnell nicht mehr los. Bloggt und kümmert sich um die gesamte Technik hinter einem Tech-Blog. Schreibt zur Ablenkung über Fußball, meist ohne Magenschmerzen zu bekommen.
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